Die Interviewpartnerinnen sind Prof. Dr. Melanie Speck von der Hochschule Osnabrück sowie Anja Köchermann und Noreen Hirschfeld von der Statdt Stadt Göttingen.
Was macht das Referat für Nachhaltige Stadtentwicklung der Stadt Göttingen?
Das Referat für Nachhaltige Stadtentwicklung der Stadt Göttingen ist der Oberbürgermeisterin unmittelbar zugeordnet und beschäftigt sich mit Klimaschutz, Klimaanpassung, Mobilität, nachhaltiger Stadtentwicklung und kommunaler Entwicklungspolitik. Viele Punkte davon finden sich auch im Projekt „GiW“ wieder, die nicht nur die Stadt, sondern die gesamte Region voranbringen sollen.
In drei Punkten: Was will das Projekt „GiW“ für Göttingen und die Region neu denken?
Noreen Hirschfeld: Unser Ziel ist es, die nachhaltigere Außer-Haus-Verpflegung in Göttingen, aber auch in der Region, langfristig aufzustellen. Und deswegen sollen Einrichtungen wie zum Beispiel Kitas oder auch Betriebsgastronomien dabei unterstützt werden, ihre Angebote neu auszurichten, z. B. durch den Ausbau von mehr pflanzenbasierten Angeboten. Damit geht der Ausbau eines Netzwerkes und festen Versorgungsstrukturen zwischen Erzeuger*innen, also Landwirt*innen, aber auch Verarbeitungsbetrieben und eben der Gemeinschafts- sowie Individualgastronomie einher.
Mit welchen Schwerpunkten sind welche Akteure beteiligt?
Prof. Dr. Melanie Speck: Das Referat für Nachhaltige Stadtentwicklung der Stadt Göttingen koordiniert das Projekt. Dies geschieht in enger Abstimmung mit der Hochschule Osnabrück, genauer gesagt dem Team von Melanie Speck, mit einem Fokus auf Versorgungsmanagement.
Ein weiterer Partner ist die DGE-Sektion Niedersachsen, die sich vor allem um Ernährungsberatung und auch um die Umsetzung der Qualitätsstandards in den Küchen vor Ort kümmert.
Darüber hinaus blicken wir auf ein breites Portfolio an Partnern. Wir können jetzt nicht alle nennen, aber wir haben den Ernährungsrat sowie den großen Erzeugerverband „Kostbares Südniedersachsen“ dabei, die Öko-Modellregion des Landkreises Göttingen genauso wie die Tafeln – einfach ein sehr großes Netzwerk an unterschiedlichen Erzeugern. Diese bringen wir zusammen, um die Wertschöpfungskette in ihrer Gesamtheit abzubilden.
Was sind die größten Herausforderungen für das Projekt?
Anja Köchermann: Wir haben mit dem Qualitätsentwicklungskonzept der städtischen Küchenbetriebe in der Kita- und Schulverpflegung in der Stadt Göttingen bereits über 15 Jahre Erfahrung und Wissen darüber, was alles aufgebaut werden kann. Da muss man sich sukzessive auf den Weg machen – und zwar regional, saisonal und eben auch mit einer gewissen Konsequenz noch mehr die Empfehlungen an eine pflanzenbasierte Ernährung umzusetzen. Das geht nicht immer sofort, aber wir wollen erreichen, dass wir alle Akteur*innen zusammenbringen, um ins Gespräch zu kommen und gemeinsam Ziele zu formulieren, die erreichbar sind. Damit Dinge in die Praxis umgesetzt werden können. Um eine Sensibilität zu schaffen. Das klingt gar nicht so schwer, aber man muss es einfach immer mitdenken. Und daraus sein eigenes Konzept entwickeln, das für einzelne Ziel- und Altersgruppen, gastronomische Einheiten und individuell für Bürger*innen passt.
Welche konkreten Schritte folgen als Nächstes?
Prof. Dr. Melanie Speck: In einem klassischen Projekt wie diesem starten wir erst mal mit einem Kick-off-Termin innerhalb der nächsten Wochen. Um alle aktiven Akteur*innen gemeinsam an einen Tisch zu bringen.
Dann müssen wir gemeinsam mit Küchen vor Ort in die wissenschaftliche und richtungssichere Speiseplanbewertung und in die Rückschau einsteigen: Welche Komponenten werden beispielsweise benutzt? Die Bewertungsebene ist wichtig, um sich auf vernünftige pflanzenbasierte Gerichte zu einigen, die idealerweise auch mit Komponenten auskommen, die direkt von den heimischen Erzeuger*innen stammen. Auch Vereinbarungen zwischen den Erzeuger*innen und den Küchen müssen getroffen werden – zwecks Verarbeitungsqualitäten, lieferbaren Mengen zu bestimmten Jahreszeiten etc.
Darüber hinaus soll ein Individualgastronomie-Wettbewerb für ein ressourcenleichtes Essen in Göttingen stattfinden. Durch den sogenannten Gamification-Ansatz wollen wir ein positives Event über mehrere Wochen veranstalten, sodass sich viele Individualgastronom*innen beteiligen können. Für den muss natürlich die Werbetrommel gerührt werden – stattfinden soll er in etwa anderthalb Jahren. Das hilft auch der weiteren Vernetzung, die im Falle der Gemeinschaftsgastronomie in Göttingen bereits stark ausgeprägt ist.
Wie soll das Modell für andere Regionen umsetzbar werden?
Anja Köchermann: Stichwort „Best Practice“: Wenn ein Leuchtturmprojekt Erfolge und einige Ziele auf den Weg gebracht hat, dann kann man ins Gespräch mit anderen Regionen treten und sich austauschen. Schließlich ist so ein Projekt auch nie allein zu betrachten, es entwickelt sich immer weiter – auch aufgrund anderer Eindrücke. Und das ist der Punkt: Vernetzung muss überregional stattfinden.